1873 erscheint Wilhelmine von Hillerns Roman über den Mythos der Geierwally - Einer jungen Frau , einer Außenseiterin, die mit dem von ihr gezähmten Geier in der Einsamkeit der Bergwelt lebt, nachdem sie sich dem patriarchalischen Zwang der Heirat mit einem ungeliebten Mann und den Traditionen des scheinbar idyllischen Dorfes verweigert. In ihrer selbstgewählten Vereinsamung in den Gebirgen hat sie wundersame Erlebnisse und Begegnungen. Doch der Sog zurück in die Gemeinschaft ist stark und es kommt zu Verstrickungen von Liebe und Hass, Natur und Zivilisation, Gemeinschaft und Außenseitertum. Es ist die Geschichte einer starken Frau, einer Krawallmacherin in ihrem Kampf um Anerkennung in einer Gesellschaft, die sich in der Aufrechterhaltung eines verstaubten Wertesystems nicht irritieren lässt.
Europa ist in der Krise, soviel steht fest. Nicht nur die nackten ökonomischen Zahlen lassen hierauf schließen, vielmehr noch erleben wir massive soziale Spannungen und Verwerfungen. Während jedoch manche unserer europäischen Nachbarn hierin zu versinken drohen, bleibt Deutschland eigentümlich unberührt von diesen Entwicklungen. GRUPPE INTERNATIONAL wagt deshalb gemeinsam mit Trierer Bürgerinnen und Bürgern ein Gedankenexperiment, das die gemütliche deutsche Wohlstandwelt verlässt und verlangt, das Ganze in Frage zu stellen:
Was, wenn die gegenwärtige Krise, die allabendlich über die Bildschirme flackert, auch in Deutschland ankommen wird? Was, wenn Protest, Arbeitslosigkeit und Armut den Alltag der Trierer im Jahr 2025 bestimmen? Was, wenn die Zukunft der Stadt nicht ganz so rosig aussehen wird, wie sie in Hochglanzbroschüren und politischen Sonntagsreden scheint?
Der theatrale Stadtrundgang „Stadt in Aufruhr“ geht dieser Zukunftsvision nach und lädt die Zuschauer ein, Teil der Ereignisse in Trier im Jahr 2025 zu werden. Die Zuschauer werden auf spektakuläre Weise die Folgen von Occupy erleben, sie werden Karl Marx und plündernde Hausfrauen treffen und das längst vergessene revolutionäre Potenzial der Stadt Trier neu entdecken. „Stadt in Aufruhr“ ist eine bewegende Zeitreise, die Altbekanntes und Vergessenes in neuem Licht erscheinen lässt und die Poesie des Zukünftigen freilegt.
Die TUFA zeigt „Stadt in Aufruhr“ als Beitrag zum Festival MAXIMIERUNG MENSCH des Theaters Trier. Die stadtumspannende Inszenierung wurde in den letzten Monaten gemeinsam mit Einwohnern und Bürgern der Stadt und in Kooperation mit der Luxemburger Künstlergruppe MASKéNADA entwickelt. Das Rechercheprojekt „Stadt in Aufruhr“ knüpft dabei an das strategische Papier „Trier Zukunft 2025“ an, das unlängst veröffentlicht wurde. Hier wird optimistisch skizziert: „In Trier leben 2025 110.000 Einwohner mit einer ausgewogenen Alters- und Erwerbsstruktur“. Doch was wenn nicht?
Eine Produktion des TUFA e.V. und der GRUPPE INTERNATIONAL für das Festival Maximierung Mensch 4 des Theaters Trier in Kooperation mit MASKéNADA Luxemburg. Gefördert durch den Fonds Soziokultur und das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur, Mainz.
In ihrer Inszenierung geht Johanna Wehner der Frage nach, wie viel Lebenslüge gesund ist. Mit feinen Eingriffen in den Originaltext lässt sie Figuren und Handlung ständig um sich selbst kreisen. Tennessee Williams’ Broadway-Stück wird zur überzeitlichen Parabel: Eine Familie bleibt unter sich. Das Ticken der Wanduhr, die neuen Discount-Möbel, der Mond über Soho. Alles tritt hier auf der Stelle. Wie lange dauert es, bis eine der Figuren aus diesem Kreislauf ausbricht?
Die Inszenierung erzählt von dem, was nach der Orgie kommt, vom Hedonismus, seinem Gegenteil und dem Anbruch einer Zeit der Fundamentalismen. Eine leicht phantastische Geschichte voll Musik und Bestialität, frivolem Luxus und biederem Elend. Christian Kracht wurde mit „Faserland“ zur Gründerfigur der deutschen Popliteratur. Mit der Veröffentlichung von „1979“ überraschte er Publikum und Szene, in der Presse wurde der Roman als „das Ende des Pop“ bezeichnet.
mehr